„Oh, nein!“ kreischt meine Tochter. „Der Akku ist leer… ich wollte doch Fotos machen von unserer Raftingtour.“„Beruhig Dich. Die haben sicher GoPros“, erklärt ihr welterfahrener – weil um zwei Jahre älterer – Bruder Tobias. Als wir um zehn vor zehn beim Fußballplatz in Saltaus ankamen, klärte uns Ines, die Mitarbeiterin von Südtirol Rafting Expeditions gleich auf: „Wir haben eine eigene GoPro-Kamera, die auf einem Helm befestigt ist. Ein Teilnehmer wird zum Kameramann ernannt. Nach der Abfahrt bekommt ihr den Film kostenlos.“ Julia lächelt zufrieden. Heute ist unser vorletzter Tag in Saltaus und unsere Kinder freuen sich auf unser letztes Ferienabenteuer: Eine Raftingtour! Leider hatte es am Tag zuvor geregnet und es war jetzt, um neun Uhr morgens, noch etwas kühl. Doch langsam wacht auch die Sonne auf und die Nebelschwaden verziehen sich.
Eine begeisterte Mutter erzählt
Abenteuer Rafting: Eine Familie, ein Boot und die Passer
Oh, nein!“ kreischt meine Tochter. „Der Akku ist leer… ich wollte doch Fotos machen von unserer Raftingtour.“„Beruhig Dich. Die haben sicher GoPros“, erklärt ihr welterfahrener – weil um zwei Jahre älterer – Bruder Tobias.
Abenteuer Rafting: Eine Familie, ein Boot und die Passer
Langsam wacht auch die Sonne auf und die Nebelschwaden verziehen sich
Nachdem uns Ines den Ablauf erklärt hatte, stattet uns Joe, der Fahrer mit Neoprenwesten, Helmen, Schwimmwesten und Wasserschuhen aus. Noch eine weitere Familie aus Bayern wagt das Abenteuer und steigt in voller Montur in den Bus ein. Mit zwei Booten auf dem Dach des Kleinbusses fahren wir zum Einstieg kurz vor St. Martin i. P. Das Briefing beginnt. Johannes, unser Guide, erklärt uns erst die Sitzposition im Boot, dann die Paddelschläge. „Im Wasser zählt das Team. Alle müssen gleichzeitig und im selben Takt paddeln, um voran zu kommen. Deshalb gibt es Paddelbefehle. Und zwar folgende: Vorwärts, rückwärts, alle rein…“ Nachdem der Guide noch die Sicherheitsposition erklärt hatte, die man einnehmen musste, falls man aus dem Boot fiele, wurde mir etwas mulmig.
„Würde ich allein die ganze Passer nach Meran hinuntertreiben? Würde mich die Etsch erst in Verona wieder ausspucken?“
Würde ich allein die ganze Passer nach Meran hinuntertreiben? Würde mich die Etsch erst in Verona wieder ausspucken? Ich schaue Julia und Tobias an. Von Furcht keine Spur. Meine Kinder hüpfen von einem Bein aufs andere und grinsen, als wäre Weihnachten. Auch Peter, mein Mann, scheint die Möglichkeit, aus dem Boot fallen zu können, nicht zu stören. Der Guide muss meine Bedenken allerdings mitbekommen haben. Nach der Sicherheitseinweisung erklärt er mir unter vier Augen, dass wir jederzeit anhalten könnten. Es gäbe immer die Möglichkeit, auszusteigen und mit Joe, unserem Chauffeur, weiterzufahren. Joe würde die gesamte Abfahrt begleiten und bei diversen Checkpoints auf uns warten. Etwas mulmig ist mir noch immer. Doch egal… kneifen gilt nicht.
„Vorwärts! Rückwärts, alle rückwärts!“
Wir – meine Familie und der Guide – sitzen nun alle in einem Boot. Erst gleiten wir gemächlich, dann immer schneller in Schlangenlinien vorbei an zahlreichen kleinen Felsen, die aus dem türkisblauen Wasser ragen. Die ersten Wasserfälle tauchen auf, wir „springen“ drüber und werden durchgeschüttelt. Schon nach wenigen Minuten sind alle klitschnass. Mal treiben wir langsamer, mal geht’s rasant mit der Strömung flussabwärts. Wir schlittern an einem Felsen entlang, unser Boot dreht sich. „Vorwärts!“ „Rückwärts, rückwärts!“ tönt es vom Steuermann, der ganz hinten auf dem Boot sitzt. Tobias, Julia, Peter und ich – alle paddeln brav synchron und nach einer Minute sind wir wieder auf Kurs. Rundherum die üppige, grüne Uferböschung und kleine Sandstrände. Über dem Wasser lichtet sich im Sonnenschein der Nebel. Unwirklich schön. Meine anfängliche Anspannung hat sich im Passerwasser aufgelöst. Sind wir schon lange auf dem Boot? Eine halbe Stunde, eine Stunde?
„Schwimmen!“ sprach's und tauchte unter
Der Guide hält im ruhigen Kehrwasser am Ufer an. „Wer mag, kann hier schwimmen gehen. Seht ihr den Felsen dort oben? Jeder der Lust hat, kann von hier aus reinspringen. Hier ist das Wasser tief und ruhig“ sprach’s und tauchte schon mit einem Salto ins klare Wasser. Wir folgten dem Guide und hüpften wie Lemminge in das Wasser… Brrr!! Kalt!! Julia und Tobias, die Kids des anderen Boots und die (erwachsenen☺) Guides sehen das anders; sie springen immer wieder ins Wasser und versuchen dabei möglichst kunstvolle Flugfiguren zu präsentieren – unter anderem die spritzige „Arschbombe“. Hurtig klettern anschließend alle wieder ins sonnengelbe Boot. Wir gleiten noch einige Minuten stromabwärts, bevor wir am Ufer aussteigen, gemeinsam die Boote nach oben tragen und sie auf dem Dach unseres Busses verstauen. Unser Fahrer Joe empfängt uns mit Reggae-Musik und kutschiert uns zurück zum Raftingcenter nach Saltaus. Wir trinken mit den Guides noch einen Holundersaft. Tobias verkündet, nächstes Jahr einen Kanu-Kurs in Saltaus machen zu wollen. Julia vergisst fast Ihre Videos. Und nimmt dann selig den USB-Stick entgegen. Ich ahne: Der Fluss macht etwas mit Dir. Das Tosen des Wassers lüftet deinen Kopf. Dein Nacken entspannt sich. Du lächelst. Und buchst schon mal die Abfahrt für nächstes Jahr.